„Migration und Integration“ | Kurier Dachau

Veröffentlicht am 06.03.2023 15:16

„Migration und Integration“

Das Podium im Bürgerdialog zum Thema Migration und Integration mit Landrat Stefan Löwl (2. von re). (Foto: LA Dachau / Melitta Fischer)
Das Podium im Bürgerdialog zum Thema Migration und Integration mit Landrat Stefan Löwl (2. von re). (Foto: LA Dachau / Melitta Fischer)
Das Podium im Bürgerdialog zum Thema Migration und Integration mit Landrat Stefan Löwl (2. von re). (Foto: LA Dachau / Melitta Fischer)
Das Podium im Bürgerdialog zum Thema Migration und Integration mit Landrat Stefan Löwl (2. von re). (Foto: LA Dachau / Melitta Fischer)
Das Podium im Bürgerdialog zum Thema Migration und Integration mit Landrat Stefan Löwl (2. von re). (Foto: LA Dachau / Melitta Fischer)

Deutschland als modernes Einwanderungsland zu gestalten ist eine seit Jahren intensiv diskutierte Herausforderung. Mit Blick auf den demographischen Wandel, dem weiter zunehmenden Arbeits- und Fachkräftemangel sowie der wieder zunehmenden Flüchtlingsbewegungen wurde von der Bundesregierung ein umfassendes Regelungspaket verabschiedet, welches neben neuen Zuwanderungsmöglichkeiten auch eine Altfallregelung im Chancenaufenthaltsrecht beinhaltet.

Aus diesem Grund lud Landrat Stefan Löwl am Mittwochabend, den 1. März, zu einem Bürgerdialog mit dem Thema „Integration und Migration – Chancen und Herausforderung bei uns im Landkreis Dachau“. Neben Stefan Löwl traten mehrere Expertinnen und Experten mit gut neunzig interessierte Bürgerinnen und Bürger im Adolf-Hölzl-Haus in einen gut dreistündigen Dialog.

Um die Situation in den richtigen Kontext zu bringen, stellte Julius Fogelstaller, Integrationsbeauftragter im Landratsamt Dachau, die aktuelle Situation im Landkreis anhand von Daten und Fakten vor: Rund 19 Prozent der Bevölkerung im Landkreis Dachau hat einen ausländischen Pass – davon kommt über die Hälfte aus dem EU Ausland. Über 12.000 Personen haben einen Aufenthaltstitel. Gut drei Prozent und damit etwa 800 Menschen sind im laufenden Asylverfahren. 132 dieser Menschen könnten – nach aktuellem Kenntnisstand - vom neuen Chancenaufenthaltsrecht profitieren.

Von den etwas über 1.500 Menschen, die in einer der 39 Asylunterkünfte im Landkreis leben, sind knapp 400 sogenannte „Fehlbeleger“. Mit dem Begriff Fehlbeleger sind Menschen gemeint, die einen Aufenthaltstitel haben, aber noch keine Wohnung gefunden haben. Das gerade das Thema Wohnen das A und O einer guten Integration ist, bestätigte Dr. Stephan Dünnwald, Sprecher des Bayerischen Flüchtlingsrates. Dabei kritisierte er die Gesetze, mit denen Menschen an Asylunterkünfte gebunden und dem Arbeitsmarkt vorenthalten werden. Er plädierte mit vielen positiven Beispielen dafür, Geflüchteten von Anfang mehr Chancen zu geben; sowohl beim Wohnen und in der Integration, als auch im Arbeitsmarkt.

Rechtsanwältin Bettina Nickel, gab einen Einblick in ihre Arbeit in der Bayerischen Härtefallkommission. Sie vertritt dort die katholische Kirche. Einzelfälle, die laut Gesetz keine Aufenthaltsberechtigung haben und freiwillig ausreisen oder eben in das jeweilige Herkunftsland abgeschoben werden müssen, können dort aufgrund persönlicher oder humanitären Gesichtspunkten ein außergesetzliches Bleiberecht erwirken.

Neben den beiden Sprechern stellten sich auch Dr. Joachim Jacob, einer der Sprecher der Helferkreise im Landkreis, Marcel Fath, Bürgermeister aus Petershausen, Landrat Stefan Löwl und Doris Langer, Leiterin des Fachbereiches Anerkennung und Integration Helios Kliniken Oberbayern den Fragen der Bürgerinnen und Bürger.

Besonders meldeten sich hier die im Landkreis bereits tätigen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer zu Wort, die so ein konkretes Feedback zur aktuellen Situation und Handlungspotentiale aufzeigen konnten. Grundsätzlich waren sich alle einig: Es fehlt an wichtigen Ressourcen, wie Wohnraum, Betreuungsplätzen, Integrationskursen und auch am notwendigen Geld. Trotz allem gab es auch positives zu berichten. So stellten sich zwei Personen vor, die sich selbst als gut integriert bezeichnen: Osama Kezzo, in Syrien geboren und aufgewachsen, kam 2016 nach Deutschland. Heute arbeitet er als Asyl- und Integrationsberater bei der Caritas. Er hob besonders die passenden Rahmenbedingungen und individuelle Unterstützung durch Ehrenamtliche hervor, die ihm eine schnelle Integration ermöglichte. Dorethane Agathina profitierte vom Fachbereich Anerkennung und Integration im Helios Klinikum. Die in Mauritius geborene junge Frau konnte so im Sommer ihre Ausbildung zur Pflegefachfrau bei dem Helios-Amper Klinikum beginnen. Auch hier sorgt ein großes, klinikinternes Netz an ehrenamtlichen Mitarbeitenden dafür, dass sich die neuen Kolleginnen und Kollegen im Landkreis heimisch fühlen.

Auch bürokratische Hemmnisse und schwer verständliche Entscheidungen der Ausländerbehörde wurden thematisiert. Landrat Stefan Löwl versprach, sich dieser Themen anzunehmen und im Austausch mit den örtlichen Akteuren weiterhin konstruktive, den gesetzlichen Rahmenbedingungen entsprechende Lösungswege zu suchen; ansonsten bleibt nur der Weg zur Härtefallkommission.

Der Bürgerdialog konnte die vielen Herausforderungen nicht lösen, jedoch wurden viele wichtige Aspekte und deren Zusammenhänge verstanden und offene Fragen geklärt. Bereits für Ende Juni plant Landrat Stefan Löwl einen weiteren Bürgerdialog. Dann geht es um ein zu Zeiten hoher Kosten wichtiges Thema: „Einfacher Wohnungsbau“.

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